Terrassenbauer an der Sense

Emanuel Lüthi von Neuenegg, der ehemalige Gymnasiallehrer und Gründer der Schulwarte Bern, bemerkte in den Abhängen zur Sense grosse Terrassen, die er als alemannische Wehrschanzen zu identifizieren glaubte. Tatsächlich hat es auf der Berner Seite unnatürliche Wälle, die auf der Freiburger Seite nicht vorhanden sind. Bis heute hat er für diese militärische Variante von Niemandem Unterstützung gefunden. Es blieb ein Mythos. 

Der Senserain, ein Gestade unerforschter Siedlungshotspots?

Der Lauf der Sense von Thörishaus nach Laupen hat ein Gelände besonderer Bedeutung geschaffen. Das breite Flusstal von Ost nach West bietet angenehme  Siedlungs- und Nutzungsmöglichkeiten. Bis heute. Die Südhänge sind im Winter Bisenwind geschützt und wenn besonnt, meistens mild und frostfrei. Nicht zufällig waren in Thörishaus zahlreiche neuzeitliche Gärtnereien angesiedelt. Die teilweise breiten Terrassen im Bärenchlauenwald (unteres Bild) verlaufen wohl auch nicht zufällig an Wasserquellen vorbei. Rudolf Holzer schrieb 1779 von Rebbau, der einmal an diesen «Rainen» angebaut worden sei. Nach anderen Quellen hätten die romanisierten Kelten, den von den Römern nach Helvetien gebrachten Wein begeistert angepflanzt. Wer an diesen Gestaden gelebt und gestaltet hat, bleibt vorläufig spekulativ.


Lidar Bild von der Bärechlaue. Rechts oben sehen Sie das Bärechlaue-S der Kantonsstrasse zwischen Neuenegg und Laupen. Eingezwängt von der kanalisierten Sense auch das Trassee der Bahnlinie.
Umfangreiche Terrassierungen am nördlichen Waldbord deuten eine Landwirtschaftliche Nutzung des Geländes zu früherer Zeit an.


Menschen an der Sense um 445 n.Chr.
2018 startete die Ueberbauung der Landhaus AG an der Gartenstrasse Neuenegg. Als Ehrenamtlicher des ADB konnte ich den interessanten Aushub begleiten. Von Interesse war die Beschaffenheit des vermuteten Burghügels Flüh, dessen Fuss tief angeschnitten wurde (ich berichte darüber auf Seite Stenrnenberg im Uechtland). Der Verlauf des weiteren Aushubs bis hinunter auf die harte Molasse offenbarte unerwartete archäologische Befunde. Im Hangmuren Sediment konnten mehrere subfossile Hölzer geborgen werden, die eine menschliche Holznutzung nahelegen. Dabei war ein 3-4m langes Konstruktionsholz aus Esche (Pfosten), an dessen unteren Ende eindeutig anthropogene Bearbeitung zu erkennen ist (Bild). Das Exponat ist von einer Hangmure umgedrückt, vom 6m hohen Sediment flachgedrückt und schliesslich konserviert worden. Eine C14 Datierung (ausgeführt vom physikalischen Institut der Uni Bern) ergab ein Alter von 1575 Jahren. Dies bezeugt die Anwesenheit von Menschen im Frühmittelalter, also um die Jahre 450-500, an der Sense bei Neuenegg.
Bearbeitete subfossile Hölzer an der Gartenstrasse
Beilspuren an einer 1575 Jahre alter Esche. Das Rundholz ist unter 6m hohen Sediment flachgedrückt worden.















Schneitelbäume:                                                                                                                                                    
Im riesigen Aushub, der ausschliesslich aus Hangmuren Sediment bestand, kam immer wieder Holz zum Vorschein (nicht Schwemmholz). Mehrere grobe eichene Aststücke waren zugespitzt abgehauen gewesen. Gegen ein paar Gipfeli am Morgen, waren die Tiefbauleute äusserst kooperativ und hatten, sobald ich kam, bereits interessantes Holz beiseite gelegt gehabt. Etwa ein Meter unter Niveau Gartenstrasse konnten die groben, auf dem nächsten Bild sichtbaren Stämme geborgen werden. Die knorrigen Verwachsungen bilden sich, wenn die jählichen Austriebe für das Laubfutter abgeschnitten werden. 
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Baumscheibe des verknorzten Stammstückes (auf Schacht liegend). 
Deutliches einseitiges und südliches Mehrwachstum infolge des Schneiteln oder der Zweigernte. Das Holz ist mit der oben abgebildeten  Esche dendrochronologisch Synchron (1557 Jahre).
Schneitelbäumen werden über Jahre immer wieder bis auf den Stamm die einjährigen Austriebe abgeschnitten, getrocknet und als Winterfutter für das Kleinvieh verwendet (Schaf, Ziege). Wird in Anatolien immer noch gemacht. In der Bronzezeit bis ins Frühmittelalter in Mitteleuropa eine verbreitete Praxis.
Foto: Internet


Untersuchungen betreffend den Terrassierungen in den Bärechlauenwäldern sind im Gange. Sobald Ergebnisse vorliegen, schreibe ich hier weiter.